Dieses Buch ist, auch wenn Titel und Seitenzahl anderes vermuten lassen, ein Lehrgang: es enthält fast 200 fertige Shell-Skripte. Durchgehendes Anwendungsbeispiel ist die Pflege einer Adreßdatenbank, in der nach und nach alle vorgestellten Konzepte der Shell-Programmierung verwendet werden. (Am Ende des Bandes ist sie denn auch so erstaunlich vielseitig, daß man fast glauben möchte, es würde tatsächlich jemand Adressen mit Hilfe der Korn-Shell verwalten.) Andere Beispiele reichen vom obligatorischen rm-Ersatz bis zu der Prozedur eingabe, die Zeichen von der Standardeingabe in eine Datei schreibt. (Muß man diese Funktionalität nicht bereits besitzen, fragt der aufmerksame Leser, um die Prozedur eingabe zu erstellen? Irrtum: sie ist auf der beigelegten Diskette enthalten und muß daher nicht mehr eingetippt werden.)
Insgesamt deckt das Buch das Gebiet Shellprogrammierung gut ab, allerdings nicht die ersten Anfänge (dafür hätte man Band 1: UNIX im Alleingang lesen müssen) und auch nicht die letzten Verfeinerungen (dafür wird auf die Systemmanuale verwiesen). Immerhin, wer vor der Aufgabe steht, einen Dämon darauf zu programmieren, an jedem Freitag um Mitternacht automatisch Post an alle eingeloggten Benutzer zu schicken, die mehr Dateien als Verzeichnisse besitzen und auf das letzte Automailing nicht reagiert haben, der findet hier heraus, wie es gemacht wird. Ganz allein sollte man das Buch allerdings nicht benutzen, denn der Autor hat die verwirrende Angewohnheit, Programmierkonstrukte schon vor ihrer Erklärung zu verwenden.
Auch der Index wurde mit dem Würfel erzeugt: so findet sich unter S wie ``Sonderzeichen'' genau eine Seitenzahl. (Waren die übrigen 100 Abschnitte, die sich mit Sonderzeichen befassen, nicht referenzwürdig?) Auch warum gerade -a, -o und -x im Index zu finden sind und alle anderen Operatoren, Parameter etc. nicht, bleibt ein Rätsel. Sehr nützlich sind wieder die abschließenden Kurzübersichten über sed und awk.
Am sinnvollsten benutzt man dieses Buch als Begleitschrift zu einem UNIX-Kurs, wie sie der Autor abhält: dann kann man Fehlendes erfragen und muß sich nicht auf sein vorhergehendes Buch verweisen lassen. ``Softwareentwickler und angehende Systemverwalter'' (so das Vorwort) sind dagegen nicht die richtigen Leser.
(Letzte Bemängelung: eine Zweitauflage darf nicht so von Grammatikfehlern
strotzen.)
Kilian A. Foth