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Wetterumschwung in der Mensa

  Das waren noch Zeiten, als in der Mensa eitel Sonnenschein herrschte:
Die guten Pommes wurden nicht für Essen 5 aufgebraucht. Schon gab es sie auf Wunsch sogar mal zu Essen 2. Essen 3 sah bis auf die Beilage sehr appetitlich aus? Dann eben das Gemüse von Essen 2. War die Vorlesung mies und das Wetter schlecht? Die Kassiererin samt Überraschungsei-Figuren munterte einen auf. Die begeisterten Studenten, aus der Hauptmensa unpersönliche Abfertigung gewöhnt, bedankten sich mit einem weihnachtlichen Gruß in DIN A3, der noch heute neben dem Eingang zur Küche hängt. Das war doch mal eine ganz andere Mensa!

Und heute? Obwohl noch fast die ganze alte Mannschaft da ist, ist die Stimmung wie ausgewechselt. Tausch der Beilage? Fehlanzeige oder ,,Zahlen sie bitte an der Kasse 55 Pfennig extra.`` Essen 2 ohne Fleisch? Natürlich, aber leider ist es dann ja vegetarisch und somit Essen 4, kostet OHNE Fleisch also MEHR als MIT! Nach heftigem Protest gab's dann noch einen Einfacheisbecher dazu. Überraschungsei-Figuren-Parade auf der Fensterbank? Auf einmal nicht mehr erlaubt! Die Heiterkeit von damals ist flöten gegangen.

Zunächst glaubte ich an eine allgemeine Abstumpfung des Teams, nachdem der Reiz des Neuen verflogen war, bis ich kürzlich ein Schlüsselerlebnis hatte. Als ich mich an einem Freitag bei dem Herrn mit Schnurrbart - früher ein begnadeter Alleinunterhalter - um 14:13 Uhr (2 Minuten vor Ultimo) erkundigen wollte, warum denn nun freitags schon immer früher Schluß sei, woraufhin er mir dies mit einer Arbeitszeitverkürzungsmaßnahme begründete, tauchte auf einmal die neue Chefin auf. Ich bräuchte mich gar nicht über die neuen Zeiten zu beschweren. Wir Studenten müßten eben unsere Essenszeiten den Öffnungszeiten der Mensa anpassen oder so auf unsere Profs einwirken, daß freitags rechtzeitig Vorlesungsende sei. Als ich ihr entgegnete, daß ich mich gar nicht beschwert hätte, sondern mich nur nach dem Grund erkundigt hätte, sagte sie mir barsch, in 2 Minuten sei Feierabend und ich solle die beiden Männer an der Geschirrücknahme nicht ,,im Schnack aufhalten`` und von der Arbeit abhalten. Meine Erwiderung, daß die beiden ja bei der Beantwortung weitergearbeitet hätten, interessierte sie nicht im geringsten und kehrte mir den Rücken. Die beiden Herrn guckten verdutzt, sagten aber lieber nichts. Ich ging.

Auf einmal wurde mir manches klar. Wer wollte 55 Pfennig extra? Für wen ist Essen 2 ohne Fleisch Essen 4 gewesen? Wer verbarrikadiert täglich die Durchgänge zur Essensausgabe nach Küchenschluß mit Regalen und Kühltruhen? Wer hatte wohl die Anti-Ei-Aktion veranlaßt? Eben!

Nun möchte ich ja nicht zum schönen Gründerzeitchaos zurückkehren, in dem sicher auch einiges etwas zu locker gehandhabt wurde, aber übertriebene Härte wie Essen 2 OHNE Fleisch zum REGULÄREN Preis von Essen 4 und Unterhaltungsverbot scheinen mir nicht akzeptabel zu sein. Den menschlichen Faktor, an dessen Stelle nun oft betretenes Schweigen (der alten Teammitglieder) oder Belehrungen (der neuen Chefin) treten, kann ich zwar nicht einfordern, solange ich korrekt bedient werde, aber seinen Verlust kann ich trotzdem beklagen.

Vielleicht kann man die Betreffende ja in einem Gespräch im größeren Rahmen davon überzeugen, daß wir als StudentInnen nicht ihre Gegner sind, die lästigerweise täglich die Mensa stürmen und den Feierabend herauszögern, sondern einfach auch nur Menschen sind, die zwischen auch nicht immer lustigen Veranstaltungen in der Mensa etwas Entspannung und ein nettes Gespräch suchen. Mit Freundlichkeit und normalen Geschäftsgebahren läßt sich das sicher besser machen, wie die Vergangenheit ja gezeigt hat.

Ich möchte in der Mensa eben nicht nur Ernährungsmäßiges, sondern auch Zwischenmenschliches auftanken. Vielleicht ist das ja bald wieder unbeschwert möglich.

Nachsatz: Mit einer Offenlegung der Mißstände alleine ist es natürlich noch nicht getan. Falls Ihr auch Interesse an einer konstruktiven Lösung habt, dann meldet Euch doch bitte bei mir (1kornsta). Zusammen können wir vielleicht wirklich etwas ändern.
Nachsatz2: Erfreulicherweise hat sich die klimatische Situation im letzten Monat wieder gebessert. Damit das auch so bleibt, habe ich diesen Artikel trotzdem nicht zurückgezogen.
Noch ein Nachsatz: Da sich inzwischen etwas gebessert hat, gibt es in den nächsten bits noch einen Mensa-Artikel
Andreas



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