Im Februar dieses Jahres gab es eine Klausurtagung über die Zukunft des Fachbereiches. Ich halte diese Tagung für ein sehr wichtiges Ereignis. Mit diesem Artikel möchte ich Euch berichten, wer die Tagung veranstaltet hat, warum, was und für wen, welche Themen diskutiert wurden, und einige Ergebnisse möchte ich Euch auch vorstellen.
Was und für wen?
Das Organisationsteam bereitete die Klausurtagung für den 8./9. Februar 1995 in der Begegnungsstätte ,,Langhein-Kate``, ein wunderschönes altes Landhaus des DRKs, in Poppenbüttel vor. Mit dem Ziel der ,,Wiederaufnahme und Intensivierung eines fachbereichsweiten Diskurses über die Zukunft der Informatik an der Hamburger Universität`` wurden alle Statusgruppen eingeladen. Neben den ProfessorInnen, wissenschaftlichen MitarbeiterInnen, dem technischen und Verwaltungspersonal (TVP) erhielten die Studierenden 30 Einladungen. Der freie Studierende Rat (FSR) hatte darauf eine MafiA-Sitzung am 25.1. einberufen, die wenig Interesse fand. Von den Studierenden haben an der Klausurtagung Frank, Holger, Martin, Nilüfer, Safuat, Tobias und ich teilgenommen.
Welche Themen wurden diskutiert?
Auftakt der Veranstaltung war der Abend des 8. Februar, wo ausschließlich über das Thema ,,Betriebsklima und Selbstwahrnehmung`` gesprochen wurde.
Am 9. Februar wurde in parallelen Arbeitsgruppen über die vier Themen ,,Die Fachgliederung der Informatik``, ,,Das Hamburger Informatik-Profil``, ,,Die Aufgaben des Fachbereichs Informatik`` und ,,Die Stellenstruktur und Organisation des Fachbereichs`` diskutiert.
0) Betriebsklima und Selbstwahrnehmung
Am Abend des 8. Februar wurde hauptsächlich über das Betriebsklima gesprochen. Mit Namensschildern und Tee oder Kaffee ausgerüstet, wurde jede/r TeilnehmerIn aufgefordert, mit drei Karten das Betriebsklima nach den Kriterien super, steigerungsfähig, erträglich und nicht auszuhalten zu beurteilen. Zusätzlich zur Beurteilung sollte beschrieben werden, woran er oder sie das festmache. Die Punkte wurden auf der Pinwand gruppiert und mit Überschriften versehen. Die drei wichtigsten Gruppen ließen sich unter die Punkte Kooperation/Konflikte, Kommunikation zwischen den Arbeitsbereichen und Kommunikation zwischen den Statusgruppen zusammenfassen. Unter den Bereich Kooperation/Konflikte fielen Aussagen wie steigerungsfähig aufgrund von fehlender gegenseitigen Achtung, Egoismus und fehlender Kooperationbereitschaft.
Auf die SchreiberInnen der Karten rückschließend könnte ich sagen, daß die ProfessorInnen sich über mangelndes Vertrauen untereinander beklagt und mehr Offenheit gefordert haben. Daß nicht immer mit sachlichen Mitteln gearbeitet und daß die Kompetenz der anderen zu wenig berücksichtigt wird, waren andere Punkte. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter brachten an, daß sie stark von den Hochschullehrern abhängig wären, während das TVP das Gefühl hatte, daß seine Arbeit nicht anerkannt wird.
Die Studierenden beklagten sich über zu wenig arbeitsbereichsübergreifende Lehre, und daß sie sich nicht ernst genommen fühlten.
Ergebnis:
Als Ergebnis des Abends wurde ein statusübergreifendes Forum, das die Interaktion zwischen den Statusgruppen verbessern möchte, gebildet. Ansprechpartnerin ist Frau Bähr. Weiter wurden die Arbeitsbereichs(leiterInnen)-Treffen wiederbelebt.
1) Die Fachgliederung der Informatik
Die Frage ,,Was gehört alles zur Informatik`` wurde in dieser Arbeitsgruppe erörtert. Inwieweit sollte sich die Informatik mit Anwendungen, Mathematik, Elektrotechnik etc. beschäftigen? Es wurde festgehalten, daß die Arbeitsbereiche als Sektoren aufgefaßt werden sollen. Jeder Sektor soll das ganze Spannungsfeld zwischen den theoretischen Grundlagen bis zu den Anwendungen bearbeiten. Dabei sollen die Anwendungen als Orientierung für eine Kerninformatik verstanden werden. Als Kerninformatik wurde in dieser Gruppe verstanden, technische Möglichkeiten zu explorieren und sie den AnwenderInnen zur Verfügung zu stellen. Dazu kommt, die Qualität nach internen Kriterien zu bewerten (Korrektheit, Zuverlässigkeit etc.).
Betont wurde, daß sich die anwendungsorientierte Informatik mit sozio-technischen Systemen befaßt. In der anwendungsorientierten Informatik wird es für eine Kooperation mit den AnwenderInnen als wichtig angesehen, zusätzliche Qualifikationen im Anwendungsbereich zu erwerben. Dabei empfanden viele es als Dilemma, wenn InformatikerInnen an der Peripherie der Informatik besonders aktiv sind und Kernprobleme der Informatik ungelöst bleiben.
2) Das Hamburger Informatik-Profil
Diese Arbeitsgruppe fragte sich, wie das ideale Hamburger Informatik-Profil aussehen sollte. Als ersten Punkt wird genannt, daß die Lehre und Forschung an diesem Fachbereich eine Voll-Informatik bleiben soll. Dieser Punkt ist wichtig, da aufgrund der Sparsituation diskutiert wurde, ob nicht Arbeitsbereiche ausgelagert werden könnten, z.B. an die TU-Harburg.
Das Profil sollte sich nicht an momentanen Schlagworten orientieren, sondern an methodischen Ansätzen. Aber auf die Frage ,,Warum studierst Du Informatik in Hamburg``, soll es zwei bis drei Slogans geben.
Der momentane Stand wurde durch fehlende Zusammenhänge zwischen den Arbeitsschwerpunkten und unzureichende Kenntnisse über die Arbeiten in den anderen Arbeitsbereichen bestimmt. Aus studentischer Sicht wurde bemerkt, daß eine eindeutige Zuordnung der Vertiefungsgebiete zu den Arbeitsgebieten fehle, daß häufig eine Orientierungslosigkeit im Hauptstudium besteht sowie daß in den Kerngebieten ,,alte Hüte`` gelehrt werden.
Die Gruppe meinte, daß die wachsende Komplexität informationsverarbeitender Systeme den fachlichen Schwerpunkt von den physikalisch-elektrotechnischen Grundlagen in der ,,Technischen Informatik`` zu den abstrahierenden Methoden verlagert hat. Abstrahierende Methoden ermöglichen erst den Entwurf und das Beherrschen hochkomplexer Systeme. Genannt wurden Bereiche wie Hardwarebeschreibungssprachen, Modularisierung, Hierarchisierung, Entwurfautomatisierung, Simulation, Verifikation und Komplexitätsbetrachtungen. Die Informatik sollte sich mehr mit Anwendungen beschäftigen.
3) Die Aufgaben des Fachbereichs Informatik
Die Aufgaben des Fachbereiches werden durch das Hamburger Hochschulgesetz festgelegt. Diese Arbeitsgruppe hat sich über die Themen Qualitätssicherung, -kontrolle, -verbesserung und die innere Organisation Gedanken gemacht. Auf die didaktische Aus- und Fortbildung der Lehrenden durch das Interdiziplinäre Zentrum für Hochschuldidaktik wurde hingewiesen. Weiter wurde die fehlende oder unkoordinierte Sammlung von Daten bemängelt, so daß bei Diskussionen über die innere Organisation des FBI die entscheidenden Informationen fehlen. Es fehlen Daten über Lastenverteilung in der Lehre auf die Arbeitsbereiche, eine allgemeine Prüfstatistik etc. Den meisten Teilnehmenden ist die Fachbereichsplanung nicht transparent.