Die katholische Stiftskirche St. Kajetan in München, genannt Theatinerkirche, war Hof- und zugleich Ordenskirche des Theatinerordens. Sie ist die erste im Stil des italienischen Spätbarock erbaute Kirche nördlich der Alpen. St. Kajetan (Theatinerstr. 22) liegt im Nordosten des Kreuzviertels an der Feldherrnhalle und gehört heute architektonisch zum Ensemble des Odeonsplatzes.
1659 legte Henriette Adelheid von Savoyen, Gemahlin von Kurfürst Ferdinand Maria, das Gelübde ab, als Dank für die Geburt eines Erbprinzen die „schönste und wertvollste Kirche“ errichten zu lassen. Diese sollte Hofkirche und Stiftskirche für die Theatiner werden.
Nachdem der Kronprinz und spätere Kurfürst Max Emanuel am 11. Juli 1662 geboren worden war, erhielt Agostino Barelli aus Bologna den Entwurfsauftrag. Als Bauplatz für Kirche und Kloster wurde die Nordostecke des Kreuzviertels direkt an Stadtmauer und Schwabinger Tor ausgewählt, die gegenüber der Residenz liegt. Bereits am 29. April 1663 erfolgte die Grundsteinlegung. Barelli nahm sich als Vorbild die Mutterkirche der Theatiner, Sant’Andrea della Valle in Rom. Während der Rohbauarbeiten kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Barelli und seinem Bauleiter Antonio Spinelli, selbst Theatiner und Beichtvater Henriettes, die zur vorübergehenden Entlassung Barellis führten. Schließlich vollendete Agostino Barelli bis 1674 noch den Rohbau und verließ dann München. Im selben Jahr übernahm Enrico Zuccalli die künstlerische Leitung. Schwerpunkt seiner Tätigkeit war die Außengestaltung. Zuccalli bestimmte die Form der 71 m hohen Tambourkuppel und der sehr eigenwilligen Türme. Gleichzeitig arbeitete er auch an der dekorativen Ausgestaltung des Kircheninnenraumes entscheidend mit. Ebenfalls 1674 begannen der Comer Giovanni Nicolò Perti und Giovanni Viscardi sowie Abraham Leuthner mit den Stuckarbeiten.
Am 11. Juni 1675 wurde die Kirche geweiht – sie war zu diesem Zeitpunkt weitgehend noch im Rohbauzustand. Lange Diskussionen über die endgültige Fassadengestaltung verzögerten die Fertigstellung; ein endgültiges Ergebnis wurde nicht gefunden. So errichtete Zuccalli zuerst zwischen 1684 und 1692 nach seinen Plänen die Türme, 1688 war die Innenausstattung vollendet. Ab 1692 bis zur Fertigstellung übernahm Giovanni Viscardi die Bauleitung. Henriette von Savoyen erlebte die Fertigstellung der Theatinerkirche nicht mehr, sie war bereits im Jahre 1676 verstorben.
Dennoch blieb die Außenfassade der Theatinerkirche weiterhin unvollendet, da trotz langer Diskussionen keine Einigung erzielt werden konnte. Erst rund 100 Jahre nach der Weihe entwarf François de Cuvilliés der Ältere 1765 eine Fassade im Stile des Rokokos mit nur leichten Veränderungen, die sein Sohn François de Cuvilliés der Jüngere vollendete.
Der Klosterbau trug die Handschrift Zuccallis, unter dessen Leitung der Baumeister Lorenzo Perti die Gebäude aufführte. Kirche und Kloster bildeten ein gewaltiges Viereck zwischen Stadtmauer, Schwabinger Gasse (der heutigen Theatinerstraße), Kuhgasse (der heutigen Salvatorstraße) und Salvatorplatz.
Die Theatiner erlangten einen guten Ruf als Seelsorger und Gelehrte, bis sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein zunehmender Verfall der Ordenszucht und der Klosterfinanzen bemerkbar machte. Daher hob Kurfürst Max IV. Joseph, der spätere König Max I. Joseph, am 26. Oktober 1801, also bereits vor der Säkularisation, das Kloster auf. Die Theatinerkirche blieb Stiftskirche und Hofkirche, im Konventgebäude zogen die übrigen drei kurfürstlichen Departements (Ministerien) (Finanzen, Justiz und Geistliche Sachen) ein, nachdem bereits 1799 also schon vor Aufhebung des Klosters, das Departement der Auswärtigen Angelegenheiten in das Theatinerkloster eingezogen war. Somit war das Theatinerkloster bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sozusagen der Standort der kurfürstlichen Regierung.
Während des Zweiten Weltkrieges, besonders in den Jahren 1944/45, wurde die Kirche teilweise schwer, das Kloster bis auf den Westtrakt sehr schwer zerstört. Das Altarbild Die Stiftung der Theatinerkirche durch das Kurfürstenpaar (Antonio Zanchi, 1675) wurde ebenfalls zerstört. Bereits 1946 begann der Wiederaufbau, der 1955 weitgehend abgeschlossen wurde. Seit 1954 betreuen Dominikaner die Stiftskirche und haben seitdem eine kleine Niederlassung an St. Kajetan. Der Wiederaufbau des Klosters wurde 1973 abgeschlossen. Seit 2001 ist eine umfassende Generalsanierung im Gang, bei welcher die Theatinerkirche auch eine neue Altarraumgestaltung erhalten wird.
Gesamtansicht (gesehen vom Alten Peter)
Der Altar von 1722 fügte sich in das Gesamtkunstwerk der Theatinerkirche. Die „Kunstdenkmäler des Königreichs Bayern“ stellen fest, der „gewaltige Hochaltar“ wäre „von großer decorativer Wirkung“ gewesen. Er schied sich in einen vorderen und einen hinteren Teil. Altaraufbau und Mensa mit Tabernakel (vom Beginn des 19. Jahrhunderts) standen getrennt. Dazwischen lag der Musik- und Psalierchor. In der ursprünglichen Anordnung standen zu den Seiten der Mensa Portalbauten, die von überlebensgroßen Statuen der vier Evangelisten (von Balthasar Ableithner) eingerahmt waren: „Diese Gestalten, wie auch die flottgearbeiteten Engelsfiguren, welche beiderseits die Oratorien des Chores tragen, gleichfalls von der Hand Ableithners, stimmen harmonisch zu der decorativen Gesammtwirkung des Presbyteriums“ (Kunstdenkmäler, S. 960). Im Zweiten Weltkrieg wurde der Altarraum zerstört. In den Jahrzehnten nach der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde die Hlg. Messe auf einem Provisorium, einem Altar aus Spanholz zelebriert, der auf seiner Schauseite so verziert war, dass er zum Gesamtgefüge des Kirchenraums passte. Man entschloss sich, den Altarraum neuzugestalten, wobei die Dominikanerpatres währenddessen auf einem Modell von Friedrich Koller zelebrieren mussten, einem rostroten Rundaltar, hinter dem eine Tabernakel-Stele stand.
Dieser vorläufige Zustand wurde auch auf Ersuchen der Gläubigen wieder verworfen. Auf Betreiben der Landesdenkmalpflege wurden drei Evangelistenfiguren wieder in den Altarraum gestellt, der vierte muss noch rekonstruiert werden. Somit näherte sich der aktuelle Zustand wieder dem originalen von 1722 an. Stephan Huber, seit 2004 Professor an der Münchner Kunstakademie, wurde von der Erzdiözese beauftragt, unter Einbeziehung des Rekonstruierbaren (Evangelistenpaare an zwei Türbögen, darauf je ein Engel, barocke Chorschranke) einen neuen Entwurf zu erarbeiten. Der Entwurf, der 2007 ausgestellt war, sah anstelle der Chorschranke drei evtl. vier konvexe, löchrige Mauern aus übereinander geschichteten Marmorsteinen vor. Wie der mächtige Volksaltar aus mehreren Schichtplatten sollten auch Ambo und Altarboden aus hellweißem, schwerem Carrara-Marmor hergestellt werden, obwohl die Kirche mit filigranem, gedeckt-weißem Stuck ausgearbeitet ist, und sich unter dem Altar die Wittelsbacher-Gruft befindet. Auch die Türbögen sollen keine Verwendung mehr finden. Dieser Entwurf Professor Hubers wurde jedoch zurückgezogen. Wäre er verwirklicht worden, hätte er die stilistische Harmonie, die die Theatinerkirche bisher auszeichnete, durch den harten Kontrast zwischen italienisch-bayerischem Barock und Moderne aufgehoben.
Im linken Querschiff der Kirche befindet sich ein Altar, den das Bild „Kajetans wunderbares Eingreifen bei der Pest zu Neapel“ schmückt. Es wurde von Joachim von Sandrart im Jahr 1670 gemalt und war bei der Einweihung der Kirche im Jahr 1675 vorhanden.[1] Den Hochaltar zierte ein Gemälde von Antonio Zanchi, das im Jahr 1944 durch Kriegseinwirkung zerstört wurde.[2] Der Altar enthält jetzt ein Gemälde von Gaspar de Crayer, das eine thronende Madonna zeigt.
Der Innenraum der Theatinerkirche ist reich dekoriert mit Stuck. Im Stile des Barock und Rokoko sind darin sowohl korinthische Säulenelemente mit Akanthusblättern, als auch Ornamente und religiöse Figurationen eingearbeitet.
In der Theatinerkirche gibt es zwei Orgeln: Auf der Empore befindet sich die Hauptorgel aus dem Jahr 1961, gegenüber der Kanzel befindet sich die Seitenorgel aus dem Jahr 1950, die die Funktion einer Chororgel hat.[3]
Die Hauptorgel der Theatinerkirche wurde 1960–61 von Ludwig Eisenbarth (Passau) erbaut. Das Instrument hat elektropneumatische Taschenladen. Der Hauptspieltisch steht rechts unter dem Hochaltar und ist auf fünf Manuale ausgelegt. Vom 4. und 5. Manual aus lässt sich die Seitenorgel von 1950 ansteuern.
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Die Seitenorgel wurde in den Jahren 1947–1950 von Carl Schuster gegenüber der Kanzel errichtet. Das Taschenladen-Instrument hat 18 Register auf zwei Manualen und Pedal.
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Die Theatinerkirche besitzt seit Anfang an wegen ihrer Funktion als Hofkirche auch eine Fürstengruft, die neben der Kirche St. Michael und dem Frauendom eine der wichtigsten Grablegen des bayerischen Herrscherhauses der Wittelsbacher ist. In der Regel wurden jedoch nur die Körper der Verstorbenen hier beigesetzt; die Herzen wurden meist in der Altöttinger Gnadenkapelle bestattet. Von den toten Wittelsbachern in der Theatinerkirche ruhen die meisten in der Fürstengruft (derzeit 47 Familienmitglieder) in Metallsarkophagen. Es sind dies:
Nicht in der Fürstengruft, sondern in einer Seitenkapelle des Hauptschiffes, sind in monumentalen Steinsarkophagen beigesetzt:
Siehe auch: Grabstätten europäischer Monarchen
Das Geläut besteht aus fünf Glocken. Bruchstücke des zerstörten Vierergeläutes von St. Michael sind in die Glockenspeise der Michaelsglocke eingeschmolzen worden.
Jeden Samstag um 15 Uhr wird für fünf Minuten mit allen Glocken der Sonntag eingeläutet. Zu den Sonntagsmessen läutet eine Viertelstunde vor Beginn die große Glocke, fünf Minuten vorher alle Glocken. Werktags wird nicht geläutet.
Nr. |
Name |
Gussjahr |
Gießer, Gussort |
Ø (mm) |
Gewicht (kg) |
Nominal |
Inschrift |
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1 | Kajetan | 1967 | Karl Czudnochowsky, Erding | 1570 | 2384 | h0 | Vor Pest, Hunger und Krieg bewahre uns, Herr Jesus Christus, auf die Fürbitte des hl. Kajetan. |
2 | Michael | 1950 | Gebr. Oberascher, München | 1400 | ~1500 | d1 | Ich bin der tönende Rest der Glocken von St. Michael, im Flammenmeer vom 25. April 1944 verschmolzen. Ich wurde neu geformt im Heiligen Jahr 1950, als das Tonnengewölbe in St. Michael eingezogen wurde. |
3 | Allerseelen | 1967 | Karl Czudnochowsky, Erding | 1200 | 1076 | e1 | Requiem aeternam dona eis, Domine. |
4 | Dominikus | 1961 | 1020 | 661 | g1 | Loquamur cum Deo et de Deo. | |
5 | Wetter | 1953 | 890 | ? | a1 | A fulgure et tempestate, liberanos Domine Jesu Christe. |
Die 1615 in der Hofkapelle St. Laurentius im Alten Hof gegründete Allerseelenbruderschaft wurde nach Abbruch der Laurentiuskapelle 1816 in die Theatinerkirche übertragen und heißt seitdem Allerseelenbruderschaft bei St. Kajetan.[4]
Koordinaten: 48° 8′ 31,6″ N, 11° 34′ 35,3″ O