Zu dem Zeitpunkt, an dem ich diesen Artikel schreibe, tritt die Studienreform gerade in eine entscheidende Phase. Am 20. November wurde in einer Sitzung des SRA eine Vorlage beschlossen, die dann am 26. November zur ersten Lesung in den Fachbereichsrat (FBR) gehen wird. Parallel dazu ist der Prüfungsausschuss (PA) dabei, Vorschläge für nötige Änderungen in der Prüfungsordnung auszuarbeiten, die auch in den FBR gehen werden.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal explizit darauf hinweisen, daß sich dieser Bericht auf Vorschläge des SRA und PA stützt, die noch innerhalb und außerhalb des FBI genehmigt werden müssen. Die zweite Lesung im FBR ist auf dem 17. Dezember gesetzt, allein bis dahin kann sich noch vieles an den Vorschlägen ändern. Sollte alles wie geplant laufen, werden die Vorschläge dann noch dieses Jahr zur Genehmigung weitergegeben.
Im folgenden möchte ich einige inhaltliche Punkte der Vorschläge des SRA ansprechen.
Seit kurzem ist in der jetzt geltenden Prüfungsordnung die Möglichkeit aufgenommen, einen anderen Abschluß als das Diplom anzustreben, das Baccalaureat. Dieser Abschluß ist mit weniger Aufwand als das Diplom zu erreichen und kann auch als Zwischenstation (evtl. mit Unterbrechung des Studiums) auf dem Weg zum Diplom erworben werden. Das Baccalaureat soll jetzt im Zuge der Reform in der Studienordnung verankert werden.
Die Regelstudienzeit soll für das Baccalaureat auf sechs Semester gesetzt und für das Diplom auf neun Semester verkürzt werden. Die SWS-Zahl (Semester-Wochen-Stunden) für das Grundstudium soll um 5 auf 88 SWS erhöht werden. Das Hauptstudium soll von jetzt 64 SWS + 10 SWS Studienarbeit auf 76 SWS erhöht werden. Der Zeitraum für die Diplomarbeit soll von zwei Semestern auf eines verkürzt werden.
Abb.1: Vorschlag für den Aufbau des Grundstudiums
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Abb.2: Der vorgeschlagene Aufbau des Hauptstudiums
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Zum Erlangen des Baccalaureats soll, nach Erlangen des Vordiploms, nur der Teil Informatik I aus der Abb. 2 maßgeblich sein. Um auch für diesen Abschluß eine schriftliche Arbeit zu haben, soll über das Projekt bzw. das zweite Projektseminar eine Projektarbeit geschrieben werden.
Zu Beginn des Hauptstudiums soll von den Studierenden ein Studienprofil gewählt werden. Ein Studienprofil ,,besteht in der inhaltlichen Abstimmung der einzelnen Teile des Hauptstudiums''. Ferner sollen die Studienprofile dazu beitragen, das die Inhalte der einzelnen Veranstaltungen besser koordiniert werden.
Es sollen während des Studium Leistungsnachweise in Form von benoteten Übungsscheinen und weiteren Scheinen für Proseminare, Praktika, etc. erbracht werden, die Details dazu sollen in der Diplom-Prüfungsordnung festgelegt werden. Die Prüfungen sollen als mündliche Einzelprüfungen oder als Klausuren abgehalten werden können, wobei dies wohl nicht bedeuten wird, daß die Studierenden sich zwischen den Alternativen entscheiden können.
Dieses ist nur ein grober Überblick über den momentanen Stand der Dinge, natürlich gibt es in den Entwürfen (momentan 11 A4-Seiten allein für den Vorschlag des SRA) noch viele weitere Punkte und auch noch viele kleine Details zu den oben aufgeführten Punkten, die ich unmöglich alle hier aufführen konnte.
Auch ist der Vorschlag für die neue Studienordnung nicht unumstritten (siehe auch Stellungnahme des FSR vom 07.04.1997 unter http://www.informatik.uni-hamburg.de/Fachschaft/fsr/studienreform.html). So sind schon im Vorfeld der 1. Lesung einige Äntrage auf Änderung verschiedener Punkte gestellt worden. Einige Punkte des Anstosses möchte ich im folgenden aufführen.
Da gibt es z.B. die Herabsetzung der Regelstudienzeit bei gleichzeitiger Erhöhung der SWS-Zahl im Grund- und Hauptstudium. In der Rahmenordnung Informatik (Rahmenordnung für die Diplomprüfung im Studiengang Informatik - an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen - von 1995) steht ,,Die örtlichen Prüfungs- und Studienordnungen stellen...sicher, daß das Studium einschließlich der Prüfungen innerhalb der Regelstudienzeit vollständig abgeschlossen werden kann''. Natürlich ist klar, daß niemand exmatrikuliert wird, sollte die Regelstudienzeit nicht eingehalten werden. Es stellt sich aber die Frage, ob nach diesem neuen Konzept, mit mehr Stunden und mehr Leistungsnachweisen in Form von benoteten und unbenoteten Scheinen, eine Straffung des Studienganges erzielt wird, die dafür sorgt, daß die momentane durchschnittliche Studienzeit von wohl irgendwo bei dreizehn oder vierzehn Semestern weiter an die neun-Semester-Regelstudienzeit heranrückt. Besonders interessant wird diese Frage für BAföG Empfänger, da sich Fördermaßnahmen wie das BAföG an der Regelstudienzeit orientieren, was wohl dazu führen wird, daß nach dem neunten Semester i.d.R. kein BAföG mehr bezogen werden kann oder als Vollkredit bezogen werden muß.
Dann die Frage nach den benoteten Leistungsnachweisen. Müssen Übungsscheine wirklich benotet sein? Und wer soll sie dann benoten, etwa der studentische Übungshelfer oder etwa die entsprechenden Lehrenden für alle Studierenden einzeln?
Auch die Verkürzung der SWS für das Ergänzungsfach ist teilweise sehr kritisch zu sehen, da es Ergänzungsfächer gibt, in denen man in 12 SWS keine genügende Grundlage für das Hauptstudium in diesem Gebiet erlangen kann. Ein Gegenargument dafür ist, daß andere Disziplinen, mit der Informatik als Ergänzungfach, schon seit Jahren viel schlimmere Sachen anstellen (Auge um Auge, Zahn um Zahn), dabei aber nicht beachtet wird, daß die Intention des Ergänzungsfaches in anderen Disziplinen vieleicht auch mehr die eines Nebenfaches trifft.
Andererseits muß man natürlich auch das Problem der Personen sehen, die die Entwürfe erstellen. Es gibt viele Ideen, die für sich genommen alle ihren Reiz haben und die alle einen gewissen Anteil an SWS benötigen um überhaupt Sinn zu machen. Aus diesen großen Topf muß man sich nun eine Teilmenge heraussuchen, unter Beachtung von Nebenbedingungen, die z.B. in der Rahmenordnung Informatik verankert sind. Ferner ist es natürlich so, das jeder seine eigenen Schwerpunkte hat und viele Personen auch über dieselbe Idee andere Vorstellungen haben. Es zeichnet sich also ab, daß diese Studienreform, wie so viele Dinge im Leben, im Endeffekt eine Einigung auf den größten gemeinsamen Nenner ist.
Zum Abschluss möchte ich noch die Frage klären, wen diese Studienreform überhaupt betrifft und dann noch Hinweise darüber geben, wo man näherere und aktuellere Informationen über den Stand der Reform kriegt.
Es wird angestrebt, daß die ersten Informatikstudierenden, für die die neue Studienordnung und die geänderte Prüfungsordnung maßgeblich sind, die Studienanfänger im WS 98/99 sind. Dazu muß aber gesagt werde, daß dieser Termin nur eingehalten werden kann, wenn alle Genehmigungsverfahren in geplanter Zeit abgeschlossen sind. Es gab aber schon sehr früh Bedenken, was die Einhaltung dieser Termine angeht. Außerdem sollen Studierende auf Antrag zu der neuen Studienordnung wechseln dürfen. Wem also die jetzige Studienordnung nicht nicht gefällt, sollte sich vielleicht genauer darüber informieren, wie die neue aussieht und wie die Details und Möglichkeiten beim Wechsel der Studienordnung sind.
Um weitere Informationen zu bekommen, kann man sich entweder schon in den Sitzungen, in denen der SRA die Entwürfe der Öffentlichkeit des Fachbereichs vorgestellt hat, und dann auch an der FBR-Sitzung am 26. November informiert haben, oder wenn diese Termine nicht wargenommen wurden, sich in der FSR-Sprechstunde bzw. bei den entsprechenden Gremienvertretern informieren.(Bedenkt aber bitte, daß diese meist auch noch andere Sachen zu tun haben, als jedem einzelnen jeden einzelnen Paragraphen zu erklären.)
Michael Krooß