Es gilt nach wie vor, daß die Aufstiegschancen innerhalb der Professorenschaft recht schlecht sind. Um eine Gehaltsstufe höher zu kommen, muß man erst den Hochschulstandort wechseln. Damit verlassen fähige Mitarbeiter die Uni. Stellen müssen wegen der angespannten Haushaltssituation gestrichen werden, damit verlassen uns Studienplätze. Als Lösung schießt man auf die ,,LangzeitstudentInnen``, die angeblich Studienplätze blockieren, gerade so als ob sich die Zahl der neuen Studienplätze noch der Zahl der belegten Studienplätze berechnen würde.
Dabei berechnet sich die Zahl der Studienplätze nach der Anzahl der
Professoren. Also: mehr Professoren, mehr Studienplätze für Erstsemester.
Jeder Politiker muß sich im Klaren sein, daß es nur zwei Alternativen
gibt, wie eine Uni sparen kann. Entweder werden ganze Fachbereiche
geschloßen, um das Lehrangebot der übrigen Fachbereiche bei guter
Qualität zu halten, oder es werden an allen Fachbereichen Stellen
gestrichen, und damit kein vernünftiges Ausbildungsangebot zur Verfügung
gestellt, weil nur noch wenige Professoren da sind. Es ist eine Utopie, zu
meinen, Jeder Professor könne alles lehren, was mit seinem Fachgebiet zu
tun hat. Jeder weiß, daß Mediziner nicht gleich Mediziner ist. Da gibt es
Chirurgen und Orthopäden, HNO und so weiter. Bei uns in der Informatik ist
es genauso. Viele unserer Profs könnten uns zwar etwas über Datenbanken
erzählen. Aber wer steckt denn so tief in der Materie drin, wie Prof.
Sch.? Genauso könnten viele etwas über Simulation sagen, aber nicht so
gut wie Professor P. Und jeder hat schon mal von VLSI gehört. Lehren kann
das aber nur einer, äh zwei, Profs L. und vdH. Man kann jetzt spekulieren,
wie es mit uns in der Informatik weitergeht. Zunächst fällt dem Senat
auf, daß es zwei technische Informatiken gibt. Also wird eine, die
kleinere, dichtgemacht. Dann fällt auf, daß es auch zweimal Datenbanken
gibt. Auch die kann man zusammenlegen. Betriebliche
Umweltinformationssysteme? Moment mal, das gehört doch zur BWL. Und
Anwendungen brauchen die Betriebswirte doch auch für die
Wirtschaftsinformatik. Viren sind dort auch gut aufgehoben, und da die
sowieso immer beim ,,sicheren Rechenzentrum`` sind, kann man die auf die
Wirtschaftsinformatik verlagern.
So nach und nach kann man also die Hamburger Informatik auflösen. Hoffen wir mal, daß sich diese Unkenrufe nicht bewahrheiten, und hoffen wir auf weitere 25 Jahre Hamburger Informatik.
Denn die Schließung ganzer Fachbereiche hat zur Folge, daß die Studenten sich andere Unis suchen müßen, an denen Ihr Fachgebiet noch gelehrt wird. Außerdem muß dieses Fachgebiet dann ausreichend in der Lehre und Forschung vorhanden sein, also ein Megafachbereich, eine Spezialität dieser Uni, die dafür andere Fachbereiche hat sausen lassen. Dieses bedarf dann aber einer bundesweiten Absprache zwischen den Unis wo was gelehrt werden kann. Sonst kann es passieren, das alle Unis die Philosophie dicht machen, und wir in Deutschland keinen solchen mehr haben.
Wenn man das weiß, kann man mitreden. Nur wissen anscheinend viele Politiker und Verwaltungsbeamte nicht um diesen Sachverhalt.
Michael Bohn