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VATICAL - Das etwas andere Betriebssystem

  Liebe Freunde des satirischen Teils unserer Zeitung: heute präsentieren wir Euch einen echten Klassiker. Erstaunlich ist vor allem, wieviel man bereits vor 10 Jahren, als die erste Auflage dieses Pamphlets erschien, über die zukünftige Entwicklung auf dem Betriebssystem-Sektor ahnte. Also für alle, die es noch nicht kennen: viel Spaß !!

VATICAL (TM)
DIE APOCALYPSE DER PROGRAMMIERSPRACHEN
User-Guide Version 2.0

Allgemeines

VATICAL (TM) erschien im Jahre des Herrn 1983 als Kreation der legendären Häuser Cushware & Graddlersoft und erhielt 1984 trotz Bedenken ansonsten gut informierter Kreise die Serienreife.

VATICAL (TM) ist in der endgültigen Fassung absolut und vorsätzlich inkompatibel zu allen bekannten Betriebssystemen, Expertenmeinungen und Prozessoren und hat, nicht zuletzt deshalb, die allerbesten Marktchancen. Ursprünglich war VATICAL (TM) nahe an PASCAL orientiert, jedoch konnte erfreulicherweise eine Annäherung an BASIC und FORTRAN erreicht werden, ohne jedoch auf Unzulänglichkeiten von PASCAL zu verzichten und sattsam bekannte Mängel von BASIC und FORTRAN zu übergehen.

VATICAL (TM) ist weder über Compiler noch Interpreter lauffähig, sondern arbeitet über einen Absoluter, welcher im Gegensatz zu schäbigen Forth- Versionen keinen Stapelspeicher besitzt, sondern eine ewige Liste. Letztere kann weder überschrieben noch gelöscht werden. Allenfalls der Befehl doomsday erstellt eine kommentierte Liste der erfolgten Eingaben und läßt VATICAL (TM) entsprechende Entscheidungen treffen, die sich nicht unbedingt mit Absicht und Willen des Benutzers decken müssen.

VATICAL (TM) besitzt verschiedene Schnittstellen, z.B. wird dasDruckerinterface über Pray angesprochen. VATICAL (TM) überprüft alle Ausgaben an den Drucker und behält sich leichte Korrekturen und Kommentare vor. Mit nicht gelinder Überraschung der Erfinder besitzt VATICAL (TM) auch ein Disketten-Interface und betreibt dieses über die Befehle Mission und Mercy. Es können ausschließlich indexgeprüfte Holy-Access-Dateien bearbeitet werden. VATICAL (TM) besitzt einen Default-Index und vermerkt Änderungen an ihm in der ewigen Liste. VATICAL (TM) erlaubt den Betrieb von maximal drei Laufwerken, welche bindend die Bezeichnung father, son und saint haben. Dateien und andere Files werden grundsätzlich über das Laufwerk saint bearbeitet. Das Laufwerk son bietet Hilfs- und Utility-Funktionen; das Laufwerk father verwaltet das Betriebssystem.

Im Gegensatz zu herkömmlichen und meistens veralteten Betriebssystemen kennt VATICAL (TM) weder Inhaltsverzeichnis noch Sektoren oder Spuren. Der Diskettenplatz wird in sieben Bücher aufgeteilt und jene wieder in zwölf Kapitel. Die jeweiligen Inhalte der Kapitel verwaltet das Laufwerk father in der Datei apocalypse. Selbige wird grundsätzlich und vollständig mitgeliefert und erlaubt dem Benutzer keinerlei Änderungen. Zu jener Datei: nicht-konforme Aufzeichnungen werden nicht am Bestimmungsort abgelegt, sondern landen in der ewigen Liste.

Befehlsaufbau/Errorhandling

VATICAL (TM) erlaubt die Befehlseingabe sowohl in lateinischer als auch in englischer Sprache. Im Folgenden wird jeweils der bekanntere Begriff angegeben; nähere Übersetzungshilfen leistet jedes Lexikon.

Nach dem Einschalten des Rechners meldet sich VATICAL (TM) mit einem Cursor (+) und erwartet den Aufruf oder die Eingabe eines Programms.

Programme müssen grundsätzlich mit liturgy: beginnen und mit amen. enden. Im Programm selbst darf nach Herzenslust umhergesprungen werden; auf festgelegte oder zufällige Labels, auf Zeilennummern und an jede beliebige Stelle einer Zeile. Sieht man das Programm als beschriebenes Blatt Papier an, so darf mit VATICAL (TM) praktisch beliebig darauf gesprungen werden -- und nicht nur das -- es darf auch beliebig über die Programmgrenzen hinausgesprungen werden, was auch immer dies bedeutet und im einzelnen bewirken mag.
So kennt VATICAL (TM) die Befehle goleft, goright, gosub, goup, godown, goaway, gohome, goascension, gohell, gogo, gowest, goelse, goanywhere, gonot und waiting for godot.

Ähnlich den frei programmierbaren Sprunganweisungen kann ein beliebiger Teil des Programms als Unterprogramm erklärt werden, z.B. alles was mehr als 20 Zeichen weit rechts in einer Zeile steht. Grundsätzlich kann jeder Teil eines Programms einen beliebigen anderen zum Unterprogramm definieren. Derjenige Programmteil, der die meisten Unterprogramme findet, ist der Hauptprogrammteil. Demgemäß existiert in VATICAL (TM) kein Befehl return, sondern es gibt die Rücksprunganweisung searchme, way next, restart, dobest und try again.

VATICAL (TM) bietet dem geneigten Benützer zahlreiche Möglichkeiten zur Schleifenbildung in Programmen. Neben der for-next-do Schleife finden sich Sachen wie:
for-next-donot, for-nearer-do, until-betteruse-do, until-noerror-perform, for-whatreason, why-for, what-else, why-not-please, why-dont-we-do-it, what-shalls, try-until, hope-less, until-nofuture-do, jump-anywhere-till, wait-until-doomsday, ifnotnext-thennext

VATICAL (TM) besitzt zahl- und folgenreiche Meldungen von Syntaxfehlern des Programmes, gelegentlichen Systemabstürzen, Dateiüberschreitungen und generell mitgelieferten Fehlern des Betriebssystemsgif.

Grundsätzlich meldet VATICAL (TM) einen auftretenden Fehler wie folgt:

my score: your score :
champion: champion's score :
*** all the best ***
*** so long ***

Unnötig zu bemerken, daß jedweder Fehler unnachsichtig in die ewige Liste eingetragen wird.

Findet VATICAL (TM) besonders elegante und funktionstüchtige Programme (Maximalwert: 3 Fehler pro Zeile), so kann der Benutzer mit dem Befehl indulgence Einträge der ewigen Liste stornieren.
Die Bayerische Hackerpost
(c) Stefan Seibold
E-Mail: Stefan.Seibold@munich.netsurf.de
Homepage: homepages.munich.netsurf.de/Stefan.Seibold



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