Mit Hilfe des Theorievergleichs werden sachlich geordnete, um inhaltliche
Kerne kristallisierte Hypothesensets herauspräpariert, die als
gesellschaftstheoretische ,,Erklärungswerkzeuge`` auf Phänomene
organisationalen bzw. institutionellen Entscheidens und Verhaltens
angewendet werden.
Erwartet wird die Konstruktion theoretischer Modelle u. a. zur Kommunikation
in ÖRI, zur Mikro-Makro-Verbindung, zu typischen Prozessstrukturen in
ÖRI, zum Verhältnis zwischen Akteur, Handlung und Struktur, zum
Verhältnis zwischen sozialer Wahrnehmung/Deutung, Erwartung, Bewertung
und Aktion etc. Alle Modelle werden zunächst spezifisch auf
Universitäten zugeschnitten sein, später allgemeiner auf
öffentlich-rechtliche Institutionen.
Erwartet wird weiter die dem Projektziel angemessene Klärung und
Integration (!) zentraler soziologischer Konzepte. Insbesondere ist hier zu
denken an: Institution, öffentlich-rechtlich, Organisation,
Universität, Entscheidung, (kommunikative) Handlung, Akteur, Norm,
Erwartung und Struktur.
Empirische Studie über Entscheidungsprozesse
Will ASKO Entscheidungsprozesse und Verhalten in öffentlich-rechtlichen
Institutionen erklären und modellieren, müssen Modell und Theorie
einen ausgeprägten Realitätsbezug aufweisen. Eine eigene empirische
Studie zu Entscheidungsprozessen an Universitäten liefert das dafür
erforderliche Material.
Vorrangiges Ziel der empirischen Studie ist es, reale universitäre
Entscheidungsprozesse zu rekonstruieren und ihre Bedingungen zu entdecken.
Die Datenanalyse mündet in Theoriebildung und begegnet hier den
organisations- und gesellschaftstheoretischen Analysen von ASKO. Die
Entscheidungsprozesse werden mit ihrer Erklärung unmittelbar in
Petrinetzen formal dargestellt, mit dem Ziel, Prozesse und
Entscheidungsfaktoren anhand von mit SAM modellierter Multiagentensysteme
nachvollziehen und später experimentell variieren zu können.
Die Analyse setzt rekonstruktiv-beschreibend an den formal ,,unteren``
Entscheidungsebenen (Institut, Fachbereich samt ihrem Verhältnis zur
Gesamt-Universitätsebene) an. In einem zweiten Schritt wird sich der
analytische Fokus auf die Ebene der Gesamtuniversität und ihrer
Verhältnisse zu Gesellschaftsfeldern wie Politik, Wirtschaft, Erziehung,
zu anderen öffentlich-rechtlichen Organisationen sowie zu anderen
Universitäten richten.
Auf beiden Ebenen gilt das Hauptaugenmerk der Datenanalyse der
Rekonstruktion realer Entscheidungsprozesse. Möglichst unterschiedliche
Definitionen und Faktoren für ,,gute`` und ,,schlechte`` Entscheidungen
werden erhoben und auf ihre Zusammenhänge und Kontexte untersucht. Diese
Arbeit mündet in die Konstruktion eines empirischen
Entscheidungsprozessmodells, das der theoretischen Erklärung und der
informatischen Modellierung zugänglich ist.
Zugehörige Veröffentlichungen
Daniela Hinck und Roman Langer
30. Kongress der deutschen Gesellschaft für Soziologie. Gute Gesellschaft
Kölln, Deutscland, 26. bis 29. September 2000. Ad-hoc Gruppe Sozionik
,,Stellenstreichungen an der Uni Mitteldorf:
ein Ansatz zur theorieintegrierten Erklärung eines empirischen Falles
als soziologisches Ergebnis sozionischer Forschung.''
Daniela Hinck, Michael Köhler, Roman Langer, Daniel Moldt und Heiko Rölke:
Stellenstreichungen an der Universität Mitteldorf
Arbeitsberichte des Forschungsprogramms Agieren in sozialen Kontexten FBI-HH-303/01
Middle Range Theorie für Entscheidungsprozesse in Organisationen
Die Beiträge der drei voranstehenden Arbeitspakete werden in
einer Middle Range Theorie (MRT) des Entscheidens und Verhaltens in
öffentlich-rechtlichen Institutionen gebündelt. Die
wesentlichen Bausteine der MRT werden - von heute aus betrachtet -
sein:
Erklärungsmodelle (a) für Möglichkeiten und Bedingungen
organisationalen Handelns; insbesondere für die Wechselverhältnisse
gesellschaftlicher Strukturen und organisationaler
Entscheidungsprozesse/Handlungsweisen; (b) für Konstitution,
Wandel und Verfestigung organisationaler Strukturen; insbesondere für
organisationale Transformations- und Strukturdynamiken; (c) ein Handlungs-
und (d) ein Akteursmodell. -- Diese Modelle werden zu einem allgemeinen,
formalen Erklärungsrahmen der Strukturierungsmechanismen von Handeln und
Entscheiden in ÖRI zusammen geführt.
Dieser grundlegende Erklärungsrahmen - das ,,Skelett`` der MRT -
bekommt sein ,,Fleisch`` durch die Erklärung konkreter
Entscheidungsprozesse. Die in typischen und außergewöhnlichen
Entscheidungsprozessen jeweils wirksamen Elemente werden in diesem Rahmen so
angeordnet und ,,aktiviert``, dass Strukturen und Muster aufgedeckt werden,
die hinter dem - aus der Beteiligtenperspektive gesehen - oft chaotisch,
ineffizient und ,,irrational`` erscheinenden Entscheidungsverhalten in
ÖRIs liegen. Aus diesen Strukturen werden Bedingungen für
Entscheidungsversagen und -gelingen abgeleitet, um in einem letzten Schritt
konkrete Alternativen für bestehende Entscheidungsstrukturen und
-prozesse zu entwerfen.
Zugehörige Veröffentlichungen
Daniela Hinck und Roman Langer
30. Kongress der deutschen Gesellschaft für Soziologie. Gute Gesellschaft
Kölln, Deutscland, 26. bis 29. September 2000. Ad-hoc Gruppe Sozionik
,,Stellenstreichungen an der Uni Mitteldorf:
ein Ansatz zur theorieintegrierten Erklärung eines empirischen Falles
als soziologisches Ergebnis sozionischer Forschung.''
Grundlagen der sozionischen Modellbildung
Grundlegend für die gemeinsame Forschungsarbeit sind Kommunikations- und
Darstellungstechniken, die gleichermaßen formal fundiert und intuitiv
verständlich sind und zusätzlich den Forschungsgegenständen der
Sozionik gerecht werden. Benötigt werden Techniken, die von der
Soziologie (die es nicht im gleichen Maße wie die Informatik gewohnt
ist, Modelle formal darzustellen) nutzbringend für ihre Forschungsfragen
eingesetzt werden können.
Zentrale Herausforderung für die Sozionik ist die Tatsache, dass
soziologische Theorien im allgemeinen nicht in Hinblick auf eine
Modellierung formuliert sind, so dass - wie sich in der ersten Projektphase
gezeigt hast - eine Übertragung auf die SAM-Architektur nicht direkt
möglich ist.
Eine sozionische Modellierungssprache muss mehrere Anforderungen
erfüllen: Sie muss in ihren einzelnen Schritten für Soziologen
sowohl lesbar als auch anwendbar sein und eigene Interpretationen
möglichst vermeiden.
Die interpretationsfreie Lesbarkeit der Modelle ist eine Grundvoraussetzung
für die gegenseitige Rückkopplung von Soziologie und Informatik. Die
Rückkopplung stellt sicher, dass die Modelle eine adäquate Umsetzung
der Theorien darstellen. Nur so können modellierte soziologische
Theorien als Fundierung des sozionischen Agentenmodells dienen.
Da bestehende Techniken (darunter fallen Techniken wie UML,
Organigramme etc) diesen Anforderungen nicht ausreichend genügen oder
funktional nicht ausdrucksfähig genug sind, formuliert ASKO eine
eigenständige Modellierungssprache.
UML besitzt eine verwirrende Vielfalt an Darstellungstechniken und -formen,
die teilweise äquivalente oder zumindest stark überschneidende
Bedeutungen tragen. Diese babylonische Vielfalt entfällt bei der
Benutzung von Petrinetzen, die für viele Anwendungsbereiche den
kleinstmöglichen Umfang an Darstellungsmitteln besitzen.
Zugehörige Veröffentlichungen
Michael Köhler und Heiko Rölke:
Petrinetze als Darstellungstechnik zur Modellierung in der Soziologie
Sozionik-aktuell, (2) 2001.
Modellaufbereitung soziologischer Theorien
Die Informatik greift sowohl Originaltheoreme als auch die
,,Theoriestücke``, die aus der Analyse auf Gemeinsamkeiten als
bewährte und erklärungskräftige Erklärungswerkzeuge
hervorgehen, auf und erstellt petrinetzbasierte Modelle. Diese müssen
aufgrund des verwendeten Formalismus sehr klar formuliert werden; die
Klärungsarbeit und Präzision wird über das in der Soziologie
übliche Maß hinausgehen müssen. Wie im sozionischen Teil des
Arbeitsberichtes bereits angemerkt, wird die Modellierung in einem
dialogischen Prozess vorgenommen werden: (1) Darstellung der Theoreme und
Erklärungswerkzeuge, (2) klärende und kritische, auf Modellierung
zielende Rückfragen der Informatik, (3) ergänzende und
präzisierende Darstellungen (schon hier werden einige
Weiterentwicklungen der Theorie nötig werden), (4) Darstellung des
Petrinetz-Modellentwurfs der Informatik, (5) Kommentare, Ergänzungen und
Korrekturen durch die Soziologie, (6) Fertigstellung des Modells und
Simulationen, (7) Prüfung durch die Soziologie und Modifikation des
Modells durch die Informatik, (8) Festhalten der Ergebnisse.
Die deutlichsten bisher sichtbaren Vorteile dieses Verfahrens für die
gesellschaftstheoretische Arbeit liegen (1) im heilsamen Zwang zur
Präzision, (2) in der Konfrontation mit der formalen Systematik der
Informatik, durch die schnelles, verhältnismäßig effizientes
Aufdecken von Theorielücken, Mehrdeutigkeiten und impliziten
Verbindungen möglich ist, (3) in der Chance, sich durch Petrinetzmodelle
einen schnellen Überblick auch über verhältnismäßig
komplexe Beziehungskonstellationen zu verschaffen.
Im Laufe der ersten Projektphase wurde deutlich, dass ein aus dem Bereich
der Softwareentwicklung bekanntes iteratives und zyklisches Modell auch
für die sozionische Projektarbeit angemessen ist. In jedem Zyklus ist im
verkleinerten Maßstab der ursprünglich für die gesamte Dauer
geplante Ablauf mit seinen Abhängigkeiten zum Tragen gekommen - durch
die Iteration der Zyklen ist es möglich gewesen, Erkenntnisse der
jeweils vorangehenden Phase schon in die laufenden Arbeit zu integrieren, so
dass die Qualität der Ergebnisse im Gegensatz zu etwaigem einphasigen
Vorgehen deutlich gesteigert werden konnte. Jede Phase wurde in ihren
Erkenntnissen fortlaufend dokumentiert.
Zugehörige Veröffentlichungen
Daniela Hinck, Michael Köhler, Roman Langer, Daniel Moldt und Heiko Rölke:
Stellenstreichungen an der Universität Mitteldorf
Arbeitsberichte des Forschungsprogramms Agieren in sozialen Kontexten FBI-HH-303/01
Michael Köhler, Roman Langer, Daniel Moldt und Heiko Rölke:
Modelling a Sociological Case Study
In: Modelling Artificial Societies and Hybrid Organization (MASHO'01)
Daniela Hinck, Michael Köhler, Roman Langer, Daniel Moldt und Heiko Rölke:
Akteurstheoretische Betrachtungen organisationaler Handlungen
Arbeitsberichte des Forschungsprogramms Agieren in sozialen Kontexten FBI-HH-300/01
Michael Köhler, Roman Langer, Daniel Moldt und Heiko Rölke:
Combining the Sociological Theory of Bourdieu with Multi Agent Systems
In: MASHO Modelling Artificial Societies and Hybrid Organization
(veröffentlicht als: ECAI Workshop Notes)
14th ECAI European Conference on Artificial Intelligence
Daniela Hinck, Michael Köhler, Roman Langer, Daniel Moldt und Heiko Rölke:
Bourdieus Habitus-Konzept als prägendes Strukturelement für Multiagentensysteme
Arbeitsberichte des Forschungsprogramms Agieren in sozialen Kontexten FBI-HH-298/00
Sven Heitsch, Michael Köhler, Daniel Moldt und Marcel Martens:
Applying High-level Petri Nets for a Model of Organizational Decision Making.
In: Kurt Jensen (ed.): Proceedings of Workshop on the Practical Use of High-Level Petri Nets
(HLPN2000). June 2000. Aarhus, Denmark.
Sven Heitsch, Daniela Hinck, and Marcel Martens:
A New Look into Garbage Cans - Petri Nets and Organisational Choice.
In: Proceedings of AISB 2000.
Time for AI and Society. April 17-20, 2000. Birmingham, UK.
Sven Heitsch, Marcel Martens, and Daniel Moldt:
Petri
Nets with Synchronous Channels Applied to a Sociological Model.
Work in Progress Presentation. CPN'99.
Second Workshop and Tutorial on Practical Use of Coloured Petri Nets and Design/CPN. Oct 11-15, 1999. Aarhus, Denmark.
Entwicklung einer sozionischen Multiagentenarchitektur
Die Techniken der sozionischen Modellierungssprache werden durch die
sozionische Multiagentenarchitektur Architektur SAM
operationalisiert. Dazu wird eine Architekturschicht für
sozionische Agenten und Multiagentensysteme durch Referenznetze
modelliert und implementiert. Die Entwicklung großer
Agentensysteme wird wie im Bereich der Objektorientierung stark von
der Einführung graphischer Abstraktionsmechanismen profitieren,
wie sie von uns durch die sozionische Modellierungssprache festgelegt
werden. Im Zuge der Entwicklung der Agentenarchitektur SAM auf der
Basis von Referenznetzen erstellt unser Projekt ein graphisches
Entwicklungsmodell für Agenten.
Die Herausforderung liegt zum einen darin, intuitiv verständliche
Modelle zu entwickeln, die zum anderen mächtig genug sind, bisherige
Ansätze der VKI mit einzubeziehen und gleichzeitig offen sind für
neue Ansätze aus der sozionischen Forschung.
Dabei werden formale Protokollbeziehungen sowie Verifikationstechniken
von Anfang an mit berücksichtigt. Verifikation und Zusicherung
formaler Eigenschaften (z.B. Lebendigkeit) der Komposition von
Petrinetzen spielt eine elementare Rolle innerhalb der
SAM-Architektur.
Gewünschte Eigenschaften werden in unserer Architektur durch die
Entwicklung eines kompositionalen Agentenkalküls beweisbar oder durch
die Vorgabe geeigneter, zu entwickelnder Spezialstrukturen sogar
garantierbar. Die Ansprüche an ein solches Kalkül werden derzeit von
keiner Theorie zufriedenstellend beantwortet, so dass (a) ein spezielles
Kalkül erarbeitet und (b) Strukturen für SAM entwickelt werden
müssen.
Zugehörige Veröffentlichungen
Michael Köhler, Daniel Moldt und Heiko Rölke:
Modeling the Behaviour of Petri Net Agents
Proceedings of the 22st Conference on Application and Theory of Petri Nets, Springer-Verlag
Michael Köhler und Heiko Rölke:
Towards a Unified Approach for Modeling and Verification of Multi Agent Systems
Proceedings of the Workshop on Modelling, Object, Components, and Agents (MOCA'01)
Michael Köhler
Distribution references and undecided markings. 2000
Fachbereichsmitteilung. FB-HH-M-293/00
Daniel Moldt und Heiko Rölke:
Verhaltensmodellierung von Petrinetzagenten
Workshop Visuelle Verhaltensmodellierung verteilter und nebenläufiger Systeme. VVVNS'00
Michael Köhler
Branching processes of Petri nets - an unifying approach. 2000.
Fachbereichsmitteilung. FB-HH-M-292/00
Michael Köhler
Strukturen von Objekt- und Agenten Petrinetzen. In: Informatiktage 1999. Konradin Verlag. 1999